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Von der Klettergruppe zum Denkmal-Spezialisten – 35 Jahre BENNERT
Holger Schmidt, Leiter der Zimmerei bei der BENNERT GmbH, spricht im Interview über prägende Bauwerke wie die Herzogin Anna Amalia Bibliothek, den Wiederaufbau der Frankfurter Altstadt und die Löwenbrücke in Berlin. Er erzählt von den Wurzeln des Unternehmens in einer studentischen „Klettergruppe“, den Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte – und warum die denkmal für BENNERT der wichtigste Ort ist, um ins Gespräch zu kommen.
Herr Schmidt, bei der denkmal 2024 war der BENNERTsche Hochstand ein sprichwörtliches Highlight in der Messehalle. Wahrscheinlich sind alle Besucherinnen und Besucher mindestens einmal dort hinaufgeklettert, um ihren Blick über die Stände der denkmal schweifen zu lassen. Was haben Sie bei Ihrem nächsten Auftritt auf der denkmal geplant?
Ich kann zumindest so viel verraten: Unser Stand wird diesmal nicht höher, aber wir werden wieder auf einer vergleichbaren Fläche ausstellen. Mit langjährigen Partnern und einem ähnlichen Konzept wie in den vergangenen Jahren werden wir unsere Denkmal- und Fachkompetenz von der Spezialgründung über die Mauerwerksertüchtigung, die Holzrestaurierung bis hin zur Dacheindeckung aus einer Hand präsentieren.
Wie oft war BENNERT eigentlich schon auf der denkmal vertreten?
Das ist gar nicht so leicht zu beantworten. Es gibt ein paar Hürden bei der Zählung, da es bereits in den 1990er Jahren private Teilnahmen gegeben hat. Sicher ist aber: Die Messe ist für uns seit vielen Jahren ein fester Bestandteil. Eine besondere Erinnerung bleibt die Verleihung der Goldmedaille für den innovativen Umgang mit der Bestandsaufnahme und Dokumentation in der Natursteinrestaurierung, die heute im Foyer unseres Unternehmens zu sehen ist.
In diesem Jahr haben Sie Ihr 35-jähriges Jubiläum begangen. Wie haben Sie gefeiert?
Ganz bescheiden, da wir die „runden Jahre“ bereits sehr gebührend gefeiert hatten. Aber eine große Weihnachtsfeier wird es in diesem Jahr geben.
Welche Baustellen sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?
Herausragend war sicher der Wiederaufbau der Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar von 2004 bis 2007. Wir waren von der ersten Stunde an beteiligt – schon nach der Brandnacht beräumten wir den Brandschutt mit unseren Kränen. Danach folgten die Gebäudesicherung über den Winter, das Notdach und die Abhängung des gesamten Rokokosaals über Fachwerkträger. Die gesamte Tragkonstruktion samt Interieur schwebte an diesen Trägern, während darunter die Holzbalkendecke saniert werden konnte. Das war eines der kompliziertesten und spannendsten Projekte, die wir gestemmt haben.
Ein weiterer wichtiger Auftrag war es, am Wiederaufbau der Frankfurter Altstadt am Römer mitzuwirken. Dort konnten wir sechs Häuser als historische Kopien wiedererrichten. Diese waren im Krieg schwer beschädigt, später abgerissen und durch einen Stahlbetonblock als technisches Rathaus ersetzt worden. Durch eine Bürgerinitiative kam das Projekt schließlich ab 2016 zur Ausführung. Heute ist das Quartier städtebaulich ein Gewinn, wird hervorragend angenommen und ist ein Besuchermagnet.
BENNERT ist heute ein bundesweit etabliertes und geschätztes Thüringer Unternehmen mit Aufträgen in der gesamten Republik. Wie begann die Erfolgsgeschichte?
Dr. Wulf Bennert war Physikdozent an der Hochschule für Architektur und Bauwesen in Weimar – der heutigen Bauhaus-Universität - und darüber hinaus sportlich sehr aktiv. Er gründete eine Studentensportgruppe, die sich auf die Sanierung von Kirchtürmen und -dächern spezialisierte. Da Gerüste in der DDR teuer waren, suchte man nach alternativen Zugangstechniken und seilte sich kurzerhand an den Kirchen ab – daher der Name „Techno-Sport-Gruppe“, wobei „Techno“ für die Klettertechnik stand.
Nach der Wende tat sich an der Bauhaus-Universität zunächst wenig. Dr. Bennert machte sich im Juli 1990 selbstständig und gründete gemeinsam mit einem Mitarbeiter die Firma. Zunächst arbeiteten sieben Mitarbeiter bei BENNERT. Mit einem selbstgebauten PKW-Hänger und den bewährten Kletterseilen wurden zunächst weiterhin Kirchtürme auf die etwas unkonventionelle Art saniert. Das Unternehmen wuchs schnell, neue Gewerke wie Zimmerer und Dachdecker kamen hinzu. 2005 übernahm BENNERT die Steinmetze des ehemaligen VEB Denkmalpflege Erfurt, der in Insolvenz gegangen war. Auch der Sanierungsrückstau jener Jahre sorgte für viele Aufträge, bald auch über die Thüringer Landesgrenzen hinaus. Heute zählt BENNERT mit 200 Mitarbeitern zu den europäischen Marktführern in der Denkmalsanierung.
Welche Herausforderungen sehen Sie für die kommenden 35 Jahre?
Die größte Herausforderung ist und bleibt das Fachpersonal. Von ihrer Erfahrung und ihrem Wissen lebt die Firma – und genau das muss weitergegeben werden. Aktuell bilden wir 39 Auszubildende in verschiedenen Gewerken aus. Gemeinsam mit Partnern in der überbetrieblichen Ausbildung haben wir Konzepte entwickelt, um junge Menschen für das Handwerk zu begeistern. Bei der Nachwuchsgewinnung haben wir deshalb keine Schwierigkeiten, zumal unser Einzugsgebiet inzwischen bundesweit reicht.
Die ständig wachsenden bürokratischen Anforderungen im Bauwesen behindern uns in der Entwicklung. Da müssen ganz dringend Hürden abgebaut und Prozesse verschlankt werden.
Ein weiteres Thema ist für uns natürlich die Digitalisierung. Mit Drohnentechnik oder 3D-Werkplanung haben wir Strukturen aufgebaut, die es uns gestatten effizientere Bauabläufe zu schaffen und gleichzeitig auch eine umfassende Dokumentation gewährleisten.
Welche Rolle spielt für Sie die denkmal?
Die denkmal ist für uns der Ort, an dem wir zeigen können, was wir leisten. Im öffentlichen Auftritt beschränken wir uns bewusst auf diese Messe. Sie bietet uns die Gelegenheit, in nur drei Tagen den Austausch mit Kunden, Planern und Partnerunternehmen zu pflegen – etwas, was wir im Alltag übers Jahr verteilt so nicht leisten könnten.
Welche aktuellen Projekte sind heute von herausragender Bedeutung für das Unternehmen?
Zwei möchte ich hervorheben: Zum einen der historische Gasthof „Zur Krone“ in Oettingen in Bayern, ein restauratorisch äußerst anspruchsvolles Bauwerk, bei dem unsere Mitarbeiter gewerkeübergreifend ihr gesamtes Können einbringen konnten. Zum anderen die Rekonstruktion der Löwenbrücke im Berliner Tiergarten. Diese musste in der Vergangenheit mehrfach ersetzt werden, war im Krieg zerstört worden, wurde danach wiederhergestellt, zeigte aber nach längerer Nutzung erneut Schäden. Der Berliner Senat entschied sich schließlich für eine denkmalgerechte Wiederherstellung. Die Brücke wurde in unserem Bauhof in Klettbach vorgefertigt, per Schwerlasttransport nach Berlin gebracht und vor Ort im Frühjahr dieses Jahres millimetergenau eingebaut.
