News
News
Ganz entscheidend für Denkmale und Gesellschaft - 40 Jahre Deutsche Stiftung Denkmalschutz
Sie füllte eine Lücke, als sie 1985 gegründet wurde und ist 40 Jahre später viel mehr als ein Lückenfüller. Ohne die Deutsche Stiftung Denkmalschutz wären zahlreiche Objekte bundesweit in einem immer noch bemitleidenswerten Zustand. Es ist jedoch viel mehr als die Förderung von Restaurierung und Sanierung, die die Arbeit der Stiftung auszeichnet. Denn sie mag zwar eine private Akteurin sein. Doch getreu ihrer Tradition bürgerschaftlichen Engagements verfolgt sie auch ihren zivilgesellschaftlichen Auftrag – unabhängig und mit dem immerwährenden Potential für Veränderung.
Die Gründung der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD) im Jahr 1985 war eine Spätfolge der 70er Jahre, in der das Bewusstsein für die noch vorhandene historische Bausubstanz schlagartig stieg. So beschreibt Dr. Ursula Schirmer, Leiterin der Stabsstelle Presse der heute millionenschweren Institution den Wunsch nach einer privaten Stiftung. „Nach dem Krieg ist mehr zerstört worden als während des Krieges.“ so lautete ein Spruch, der in der damaligen Bundesrepublik kursierte. Der zunehmenden Dominanz des Autoverkehrs bei der Stadtplanung entgegenzutreten und den Flächenabrissen und Neubauten der Moderne Einhalt zu gebieten und Altbauten zu bewahren, wurde zu einem zunehmend wichtigeren Anliegen in der Gesellschaft.
Zwar habe es bereits mit den Entwicklungen der 70er – der Gründung des beim Bund angesiedelten Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz und der Ausrufung des Europäischen Denkmalschutzjahres 1975 durch den Europarat – bereits Reaktionen der öffentlichen Hand auf diese gesellschaftliche Entwicklung gegeben. Bis 1980 gab es in allen Ländern der damaligen Bundesrepublik Denkmalschutzgesetze. Doch das stark gewachsene, bürgerschaftliche Engagement in wurde der Gesellschaft nur begrenzt aufgefangen. Auch blieben immer noch Lücken beim Denkmalschutz – Objekte, um die sich keiner kümmerte. Nach dem Vorbild des National Trust des United Kingdom sollte die neue Stiftung Lösungen für diese Objekte finden: Denkmale in ihre Obhut nehmen, Rettungsprojekte umsetzen und die Verantwortung dann wieder abgeben.
Ein arbeitsteiliges, umso erfolgreicheres Gespann
Die DSD startete mit einem Kapital von 500.000 D-Mark. Der Anstoß zum Gründungsprozesses übernahm ein Gespann dreier Persönlichkeiten. Erika Friderichs ist eine der Initiatorinnen, verheiratet mit Hans Friderichs, in den 70ern Bundeswirtschaftsminister und zum Zeitpunkt der Gründung der Stiftung im Vorstand der Deutschen Bank. Dieter Stolte, Intendant des ZDF, vermittelte über die Fernsehshow der GlücksSpirale den Kontakt zu der Soziallotterie, deren Destinatär die Stiftung 1991 wurde. Nur so konnten die großen zusätzlichen Aufgaben durch die Wiedervereinigung bewältigt werden. Die für ein solches Projekt notwendige fachliche Expertise im Denkmalschutz kam durch Gottfried Kiesow, der damalige Präsident des Landesamts für Denkmalpflege Hessen. Gemeinsam mit weiteren Gleichgesinnten ließen sie eine Stiftung das Licht der Welt erblicken, die in 40 Jahren über 7.500 Denkmale unterstützen konnte und heute jährlich rund 600 Projekte fördern und beratend unterstützen kann. Das Gründungskapital von 500.000 D-Mark ist inzwischen auf ein Anlagevermögen von 500 Millionen Euro gewachsen. Denkmäler in großer Zahl tatsächlich zu besitzen – wie es der Fall beim National Trust im Vereinigten Königreich ist – wollte die DSD übrigens nicht. Denn die Pflege ist aufwändig. Und doch gehören inzwischen einige denkmalgeschützte Liegenschaften zum Stiftungseigentum.
Die nächsten 40 Jahre? Spannend, mit viel Potential für Veränderung
Diese Bilanz lässt sich sehen. Das Projekt – diese Spätfolge der 70er Jahre – ist 40 Jahre nach seiner Gründung ein voller Erfolg. Doch wie sollen die kommenden 40 Jahre ausschauen? Ursula Schirmer vertraut auf die solide Grundlage, die in der bisherigen Stiftungsgeschichte geschaffen wurde. Die Stiftung sei bundesweit tätig, politisch unabhängig, könne auf neue Entwicklungen agil reagieren und sich zudem auf ihre Förderer verlassen. Mit den Jugendbauhütten wird zudem der Nachwuchs gezielt angesprochen. Dass junge Menschen an die Stiftung herangeführt werden, birgt Potential für Veränderungen, auch im Tätigkeitsfeld der DSD. Gezielt suchten junge Leute heute nach Alternativen zur digitalen Welt und wollten praktisch arbeiten – „mal Lehm stampfen“, wie es Schirmer beschreibt. Die 16 Jugendbauhütten bieten jungen Menschen im Alter von 16 bis 26 Jahren die Möglichkeit, Handwerkstechniken an verschiedenen Einsatzstellen bundesweit kennenzulernen. Im Rahmen des Freiwilligen Sozialen Jahres wird so Denkmalschutz ganz praktisch vermittelt. Das war tatsächlich eine wichtige Neuerung für die DSD. Während der Ansatz des klassischen Bildungsbürgertums, das die DSD bislang prägte, zunehmend schwindet, gewinnt der praktische Bezug zu den Denkmälern an Stellenwert. Schirmer mag keine konkreten Prozesse für die Zukunft vorzeichnen. Da sind viele Ideen, die noch durchdacht werden müssen, meint sie nachdenklich. Aber: „Die DSD zeichnet es aus, sich dynamisch weiterentwickeln zu können. Das ist das, was diese Stiftung prägt.“
Dass ihre Arbeit weiter notwendig bleibt, muss Schirmer qua Job selbstverständlich sagen. Doch ihre Argumentation ist stichhaltig: es sei nur eine von vielen Herausforderungen, heutige und künftige junge Generationen im Prozess des Denkmalschutzes mitzunehmen. In der aktuellen Wirtschaftslage werde in Haushaltsdebatten von Seiten der Kommunal-, Landes- und Bundespolitiker oftmals zuerst an Kürzungen bei der Kultur gedacht. Da spiele die private, unabhängige Stiftung eine wertvolle Rolle. Nicht nur für den Denkmalschutz, sondern für die gesamte Gesellschaft. Aus den Entwicklungen der 70ern zeige sich, was bürgerschaftliches Engagement bewirken kann, wenn Menschen das Gefühl haben, ihre Kulturlandschaften gehe verloren. Wenn ihr Zuhause gefährdet ist oder zerstört wird. „Wenn es uns heute nicht gelingt, die Prioritäten beim Bauen von Abriss zum Erhalt zu verlagern, dann geht unseren vielfältigen Kulturlandschaften schnell genau das verloren – die Vielfalt,“ so Schirmer. Politischen Entscheidungsträgern müsse klar sein, dass der Respekt vor den authentischen Zeugen unserer Geschichte letztendlich die Basis unserer heutigen demokratischen Werte sichert. Auch dafür wird die DSD in den kommenden 40 Jahren stehen.
